Mit dem Düsseldorfer David Zawada, Nasrat Haqparast und nicht zuletzt Ottman Azaitar, waren in der Mega-Week mit gleich drei Events auf Fight Island in Abu Dhabi mit deutscher Beteiligung geplant. Den Anfang machte David Zawada, der trotz guter Leistung gegen Ramazan Emeev nach Punkten (Split Decision) verlor. Das Unheil nahm seinen Lauf, als Nasrat Haqparast am Freitag nicht zur offiziellen Waage erscheinen konnte, da er von den UFC-Ärzten keine Freigabe für den Kampf erhielt. Haqparast hatte sich eine Staphylokokken-Infektion eingefangen und konnte wegen Durchfall und Erbrechen nicht antreten.
Probleme beim Weight Cut?
Als am Donnerstag Abend der Kampf von Ottman Azaitar von der Main Card in die Prelims rutschte, waren viele Experten verwirrt. Vor allem, da es keine Anzeichen und von der UFC auch keine offiziellen Begründungen gab. Ottman Azaitar veröffentlichte ein Foto auf Instagram mit dem Titel „Weight Cut – fast geschafft“. Das was am meisten geschafft auf dem Foto aussah, war allerdings der Kämpfer selbst. Offensichtlich hat ihm der Weight Cut sehr stark zugesetzt und so wurde vermutet, dass der Kölner trotz aller Anstrengungen entweder sein Gewicht nicht geschafft hat oder nach der Prozedur zu schwach war zum Kampf anzutreten. Jedenfalls war schnell klar, dass auch der zweite Kampf auf der größten Bühne des MMA, einem „numbered Event“ der UFC nicht stattfinden würde.
Was sich aber in der Folgezeit entwickelte, scheint schon fast einem Abenteuerfilm entsprungen zu sein. Das Team von Ottman Azaitar hat die Handgelenksbänder, die den Kämpfern und Betreuern Zugang zu Fight Island Areal verschaffen, durchgeschnitten und an Personen ausserhalb des Geländes gegeben. Mindestens eine Person ist dann auf das Gelände gelangt, mit einer Tasche im Gepäck in das Hotel gegangen und dort über mehrere Balkone in das Zimmer von Azaitar geklettert. Dort hinterliess er die Tasche und versuchte mit neuer Kleidung das Gelände wieder zu verlassen. Der Eindringling wurde zwar von der Security bemerkt, konnte aber nicht aufgehalten werden. Security-Kameras hatten auch die Übergabe der Zugriffsbänder gefilmt.
Kurz nach den Vorkommnissen gab UFC-Chef Dana White bekannt, dass Azaitar nicht mehr in der UFC ist – er wurde umgehend gefeuert. White schilderte die Ereignisse, die zum Eklat führten sichtlich um Fassung bemüht. Das Team von Azaitar hat nicht nur das Sicherheitskonzept der UFC verletzt, sondern damit auch die Corona-Regeln. Die UFC hatte Anfang des Jahres noch ein Video veröffentlicht und klar gemacht, wie aufwändig und einzigartig die Schutzmassnahmen der Serie sind. Immerhin war die UFC nach der deutschen Fußball-Bundesliga die erste relevante Sport-Serie die wieder professionelle und regelmäßige Events auf die Beine gestellt hat. Die Verärgerung darüber, dass Azaitar und sein Team die Arbeit des letzten Jahres gefährdet haben, war Dana White deutlich anzusehen
Zwei Tage nach den Ereignissen gibt es noch kein offizielles Statement von Ottman Azaitar oder seinem Team. Die Konsequenzen ihres Handelns werden den Protagonisten dieses Schmierenstücks wohl erste nach und nach bewusst werden. Viele Fragen bleiben weiterhin offen.
War es das mit der Karriere?
Welche Chancen hat Azaitar nun seine Karriere auf dem bisherigen Niveau fortzusetzen? Bei der UFC sind die Türen zu, soviel ist sicher. Ob Bellator oder die PFL einen Kämpfer nach diesen Aktionen überhaupt aufnehmen würden, ist mehr als fraglich. Der 30-jährige Kölner könnte sich natürlich auch aus dem aktiven Sport zurückziehen, immerhin ist er der offizielle Botschafter für den MMA-Sport des Königs von Marokko.
Was ist mit Abu Azaitar?
Eine interessante Frage ist auch die nach der Zukunft von Ottmans Bruder Abu. Gilt die Suspendierung auch ihn? War Abu Azaitar an den Aktionen beteiligt? Wurde er ebenfalls aus der UFC entlassen oder wird er seine Karriere fortsetzen können. Hier erwarten wir in den nächsten Tagen Aufklärung.
Was war in der Tasche?
Was sich nicht erklären lässt, ist der Grund für die illegalen Aktionen Azaitars, was war so wichtig, dass er sehendes Auges dieses maximale Risiko einging? Die gesamte Veranstaltung mit Millionen-Umsätzen stand auf dem Spiel, die Karriere des Sportlers und nicht zuletzt das Leben des Balkon-Kletterers. Wieso geht man so ein Risiko ein? Was muss man dringend bei sich haben, dass man so respektlos alle Regeln der UFC und des gesunden Menschenverstandes ignoriert? Es kann natürlich zum einen nichts gewesen sein, was man nach den UFC-Statuten regulär bei sich haben kann. Kleidung, Ausrüstung oder legale Medikamente hätte die UFC sicherlich bei einem sichtlich geschwächten Kämpfer erlaubt. Es muss also etwas illegales oder zumindest nicht geduldetes gewesen sein. Aber warum die Tasche? Medikamente oder ähnliches hätte man auch in der Kleidung transportieren können. Handelte es sich um nicht erlaubte Infusionsbeutel, um den durch den Weight Cut geschwächten Kämpfer wieder aufzupeppeln? Solche Infusionen mit Kochsalzlösung, Vitaminen und Mineralstoffen werden oft und gerne genutzt, um den Flüssigkeitshaushalt des Kämpfers nach der Waage wieder auszugleichen und die sogenannte „Re-Hydrierung“ zu beschleunigen.
Was auch immer die Gründe waren, es bleibt ein sehr schlechter Geschmack zurück. Die respektlosen und ignoranten Aktionen von Azaitar und seinem Team haben nicht nur die zahlreichen Fans enttäuscht, sondern auch dem deutschen MMA-Sport einen Bärendienst erwiesen.
-mo