Ist Euch auch aufgefallen, dass man seit einiger Zeit nicht mehr auf UFC-Kämpfe wetten kann? Wir haben uns gefragt, warum das so ist. Die Antwort erfahrt Ihr hier.
Das hier ist der Grund dafür, dass UFC-Wetten aus den Apps praktisch aller großen Anbieter verschwunden sind: Der sogenannte „Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland“, der ab 1. Juli in Kraft tritt. Damit werden Online-Glücksspiel und Sportwetten endlich legalisiert, bisher waren sie nämlich eigentlich illegal. Das Teil hat fette 217 Seiten und ist ganz schön schwere Kost. Deshalb ich es für euch gelesen und die wichtigsten Infos in diesem Video zusammengefasst.
Wetten ist illegal?
Yep. Bisher waren Online-Glücksspiel und Sportwetten tatsächlich illegal, vom staatlichen Anbieter Oddset einmal abgesehen. Trotzdem gibt es in jeder größeren Stadt Wettbüros, die Anbieter werben aggressiv im Fernsehen und sponsern sogar große Fußballclubs. Wie ist das möglich? Ganz einfach: Die Wettanbieter und Online-Casinos bedienen sich eines Tricks: Ihren Firmensitze befinden sich im europäischen Ausland, meist in Steueroasen wie Malta oder Gibraltar. Ihre Online-Plattformen sind von den dortigen Behörden lizensiert. So dürfen sie nach europäischem Recht ganz legal Glücksspiel anbieten. Offiziell treten sie dann mit ihren Zweigstellen in Deutschland nur als Vermittler auf. Das heißt: Wenn ihr mit eurem Smartphone eine Wette tätigt, platziert ihr sie bisher eigentlich auf Malta oder Gibraltar.
Der Trick hat jedoch einen Haken: Deutsches Bundesrecht bricht EU-Recht, womit Wetten zumindest in 15 deutschen Bundesländern doch illegal ist. Schleswig-Holstein ist seit Jahren das einzige Bundesland, in dem Online-Glücksspiel offiziell erlaubt ist – daher auch der nervige Hinweis der Casino-Werbung, dass Spieler ihren festen Wohnsitz in Schleswig-Holstein haben müssen. Trotzdem wurden Online-Casinos und Wettanbieter bislang deutschlandweit geduldet. Kein Wunder: Deutschland ist der größte Glücksspielmarkt Europas. 2013 wurden hier 4,1 Milliarden Euro bei Sportwetten eingesetzt, 2019 schon 9,3 Milliarden – mehr als doppelt so viel! Und der Staat verdient durch die Glücksspielsteuer kräftig mit, zuletzt 382 Millionen Euro pro Jahr. Mit der deutschlandweiten Legalisierung sollen diese Einnahmen nun noch weiter steigen.
Was ändert sich durch die Legalisierung?
Im Glücksspiel-neuregulierungs-staatsvertrag einigten sich alle 16 Länder auf die Legalisierung von Online-Glücksspiel und Sportwetten. Das freut vor allem die Anbieter, ist aber auch für die Spieler zunächst einmal eine gute Sache. Denn: Wer seinen festen Wohnsitz nicht hoch oben an der Küste hat, genoss im Streitfall bislang keinerlei juristische Sicherheit. Weigerte sich ein Anbieter beispielsweise, einen Gewinn auszuzahlen oder sperrte einfach ein Benutzerkonto, hatten Spieler keine rechtliche Handhabe dagegen. Denn offiziell wurde das Geld ja illegal erspielt. Das ändert sich nun ab dem 1. Juli mit dem neuen Staatsvertrag.
Doch nicht alle Änderungen werden Spieler freuen: Neben strengen Setz- und Einzahlungslimits werden künftig nur noch bestimmte Arten von Wetten und Glücksspielen erlaubt sein, um Spielsucht und Spielmanipulationen vorzubeugen. Plattformen, die eine Lizensierung in Deutschland anstreben – hierzulande also legal operieren wollen – müssen sich diesen Vorgaben beugen und ihr Angebot entsprechend überarbeiten. Fast alle haben das schon getan. Beliebte Tisch- und Kartenspiele, wie Roulette oder Black-Jack beispielsweise, sind online fortan verboten und stationären Spielbanken vorbehalten. Eine Ausnahme ist Poker. Und auch die Wettplattformen mussten einmal quer mit der Flex durch ihr Angebot. Getroffen hat es dabei unter anderem auch Wetten auf UFC-Kämpfe. Aber warum eigentlich?
Warum sind UFC-Wetten verboten?
Grundsätzlich verboten sind Kampfsport-Wetten im neuen Glücksspielstaatsvertrag nicht. Tatsächlich wird darin kaum eine Sportart explizit benannt, sondern nur schwammig formulierte Rahmenbedingungen vorgegeben. Anhand dieser Vorgaben müssen die Anbieter zunächst selbst entscheiden, welche Wetten sie künftig weiter anbieten werden und welche nicht. Da alle Anbieter um eine Lizensierung in Deutschland bemüht sind, versuchen sie sich so genau wie möglich an die Vorgaben zu halten, denn eine abgelehnte Lizensierung wäre ein klarer Wettbewerbsnachteil im hart umkämpften Wettmarkt. Die meisten Anbieter haben Kampfsport also freiwillig aus ihrem Portfolio gestrichen. Und das hat eine ganze Reihe von Gründen.
1. Geringe Bedeutung
Ich bin bei euch: MMA ist der geilste Sport der Welt. Das sehen aber leider nicht alle so und König Fußball regiert in Deutschland nicht nur die Fernseh-, sondern auch die Glücksspielwelt. Ein Mitarbeiter von Tipico hat mir mal hinter vorgehaltener Hand gesteckt: Über 90 Prozent der Wettumsätze werden mit Fußball gemacht. Die restlichen paar Prozentpunkte entfallen auf ALLE anderen Sportarten, also Basketball, Handball, Football, Eishockey und zig weitere beliebte Disziplinen. Da könnt ihr euch vorstellen, welchen Anteil UFC-Wetten an den Umsätzen der Anbieter haben und wie groß dementsprechend deren Bereitschaft ist, für diese Art von Wetten ein Risiko bei der Lizensierung einzugehen.
2. Definition als Sport
Bei dem Ereignis, auf das gewettet werden darf, muss es sich per Definition um Sport handeln. Gesellschafts- und Politikwetten sind deshalb ebenso aus den Wettangeboten verschwunden, wie UFC oder E-Sport, wobei letzteres ausdrücklich weder erlaubt noch verboten ist. Denn was Sport ist und was nicht entscheidet im Zweifel ein Prüfgremium des Gesetzgebers. Während es im Lizensierungsverfahren bei Fußball oder Tennis sicher keine Diskussionen gibt, wird beim Thema MMA vielleicht etwas genauer hingeschaut. Wenn man dann noch annimmt, dass im zuständigen Gremium keine 18- bis 38-jährigen Adrenalinjunkies sitzen, sondern vornehmlich Konservative im Rentenalter, dann ist es gar nicht so unrealistisch, dass der MMA-Sport durch die Prüfung rasselt. Wie gesagt: Muss nicht so kommen, könnte aber. Und warum sollten die Anbieter ein Risiko eingehen für eine Sportart, die vermutlich nicht einmal ein Prozent ihrer Umsätze ausmacht?
3. Erhöhte Suchtgefahr
Die Deklarierung als anerkannte Sportart könnte mit Unterstützung von Verbänden wie der GEMMAF vielleicht noch gelingen und selbst niedrigste Umsätze würde jede Plattform natürlich trotzdem gerne mitnehmen. Die wirklich ausschlaggebenden Gründe für das Verschwinden der UFC-Wetten sind zwei ganz andere. Nummer eins: Wettformate und Sportarten mit einem erhöhten Suchtpotential sind künftig verboten.
Experten schätzen, dass hierzulande eine halbe Million Menschen ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten zeigt. Neben Automatenspielen – den sogenannten Slots –, die übrigens für die größten Umsätze der Online-Casinos sorgen und weiterhin erlaubt sind, tragen laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auch Sportwetten in einem vergleichsweise hohen Maß zu solch problematischem Spielverhalten bei.
Weil der Gesetzgeber nicht möchte, dass noch mehr Deutsche in die Spielsucht rutschen, am Wettgeschäft aber weiter mitverdienen will, werden solchen Sport- und Wettarten verboten, die ganz besonders süchtig machen sollen. Live-Wetten zum Beispiel.
Weil Live-Wetten eine hohe Ereignisfrequenz besitzen, also praktisch im Sekundentakt auf neue Ereignisse gewettet werden kann und Gewinne und Verluste so schnell passieren, dass Spieler leicht die Übersicht verlieren, wird dieser Wettform ein besonders hohes Suchtpotential zugeschrieben. Das Angebot an Live-Wetten soll deshalb massiv eingeschränkt und für besonders manipulationsanfällige Sportarten sogar ganz abgeschafft werden.
Spieler können künftig also nicht mehr auf jeden Einwurf wetten, nur Tipps auf das Endergebnis sind zulässig. Bei sogenannten „Low-Score-Sportarten“, wie etwa Fußball, wo in einem Spiel nur selten Punkte fallen, kann außerdem auf das nächste Tor oder den nächsten Satz gewettet werden. Welche Sport- und Wettart genau erlaubt ist und welche nicht, entscheidet die zuständige Erlaubnisbehörde.
Nun könnte man argumentieren, dass es sich bei einer UFC-Veranstaltung um keine Low-Score-Sportart handelt, da pro Kampfabend gleich mehrere Kämpfe stattfinden, die zum Teil nur wenige Minuten oder gar Sekunden andauern und es in jedem Kampf eine Vielzahl von Wettmöglichkeiten gibt, etwa wer die nächste Runde gewinnt oder ob ein Kampf durch KO, Submission oder Punktentscheid endet.
Übrigens: Eine weitere Besonderheit der deutschen Gesetzgebung: Als Sportwette gelten hierzulande nur Wetten zu festen Quoten. Variable Quoten, wie in den USA, die sich mit der Zeit ändern, je nachdem wie viel oder wenig Geld auf einen Kämpfer gesetzt wird, gibt es in Deutschland deshalb nicht.
4. Manipulationsanfälligkeit
Das zweite und vermutlich schwerwiegendere Ausschlusskriterium im Glücksspielstaatsvertrag ist die Gefahr von Wettmanipulation. Wo viel Geld im Spiel ist, wird natürlich auch betrogen. Stichwort: Wettmafia. Wetten zu manipulieren, um so hohe Gewinne einzustreichen, ist ein lukrativer Geschäftszweig organisierter krimineller Strukturen, die hervorragend vernetzt sind, wie die Fußball-Wettskandale 2005 und 2009 gezeigt haben, in deren Rahmen zahlreiche Spieler, Offizielle, Trainer und sogar Funktionäre massenhaft Spiele verschoben haben.
Einige Wettformate und sogar ganze Sportarten sollen deshalb laut neuem Glücksspielstaatsvertrag aufgrund ihrer erhöhten Manipulationsanfälligkeit gänzlich vom Wetten ausgeschlossen werden. Fußball natürlich nicht.
Besonders manipulationsanfällig sind laut Staatsvertrag Sportarten, bei denen Einzelpersonen wettentscheidende Ereignisse herbeiführen können, als Beispiel ganz klassisch: der Boxer, der sich hinlegt. Dies betrifft natürlich vor allem Wetten auf Einzelsportarten wie Kampfsport, die deshalb zwar nicht explizit verboten sind, aber besonders streng geprüft werden. Klar: Den Boxer zu bestechen, ist für einen Wettpaten natürlich einfacher als ein Fußballspiel zu verschieben, an dem 22 Akteure plus Schiedsrichter beteiligt sind.
Ebenfalls manipulationsanfällig sind Live-Wetten, bei denen bisher auch auf nicht spielentscheidende Ereignisse wie Ecken oder Einwürfe gesetzt werden konnte, die sich verhältnismäßig leicht manipulieren lassen, was sich künftig aber wie gesagt ebenfalls ändern wird.
Ein Hoffnungsschimmer: Der Staatsvertrag besagt konkret, dass bei einer Prüfung der Manipulationsanfälligkeit auch die Bedeutung des Sportereignisses, die mediale Aufmerksamkeit und Höhe der Preisgelder berücksichtigt wird. Logisch: Einen Fight für 1.500 Euro im Vorprogramm von Bellator schmeißt ein Kämpfer mit höherer Wahrscheinlichkeit als einen Titelkampf in der UFC.
Wird es je wieder UFC-Wetten geben?
Wie ihr seht, sind viele Vorgaben im Glücksspielstaatsvertrag Auslegungssache. Ein explizites Verbot von UFC-Wetten gibt es nicht und einen erkennbaren Grund für einen negativen Bescheid im Erlaubnisverfahren auch nicht. Boxen wird von den meisten Anbietern sogar noch angeboten, obwohl Manipulationsgefahr und Suchtpotential natürlich nicht sinken, nur weil Kicks und Würgegriffe verboten sind. Boxen ist schlicht ein allgemein anerkannter Sport, der mit höherer Wahrscheinlichkeit durch die Prüfung kommt.
Soll heißen: Mit der entsprechenden Lobbyarbeit werden auch UFC-Wetten irgendwann wieder im Portfolio der Anbieter landen. Doch wer soll die betreiben? Die Verbände? Haben genug zu tun und die Unterstützung von Wettanbietern sicher nicht auf der Agenda. Die UFC? Ist ein globales Unternehmen, das bereits mit großen internationalen Wettanbietern zusammenarbeitet und sich für die Verfügbarkeit von UFC-Wetten in Deutschland aktuell wenig scheren dürfte.
Also können es nur die Wettanbieter selbst richten. Meine Prognose ist, dass die Anbieter vor Inkrafttreten des neuen Staatsvertrags im Sommer den Ball erstmal so flach wie möglich halten, um möglichst ohne Komplikationen durch das Lizensierungsverfahren zu kommen. Wenn sie ihre Lizenz dann erstmal haben, werden sie ihr Wettangebot auch wieder Schritt für Schritt ausbauen und die Genehmigung von immer neuen Wetten beantragen, so dass es in den kommenden Jahren bestimmt auch wieder UFC-Wetten geben wird, wenn auch in eingeschränkter Form, nämlich nur mit Tipps auf den Kampfausgang und beschränkt auf große Ligen wie die UFC.
Tut mir nur einen Gefallen und meidet bis dahin Übersee-Casinos, die ihre Geschäfte von der Karibik aus steuern und keine gültige EU-Lizenz besitzen, denn im Streitfall habt ihr dort keinerlei Rechtssicherheit und eure Kohle ist futsch. Am besten lasst ihr die Finger komplett vom Wetten – denn Wetten ist schlecht und wir wollen euch in keiner Weise dazu animieren. Ihr wisst Bescheid.
Ich hoffe, ich konnte mit diesem Video all eure Fragen beantworten. Wenn ihr noch welche habt, stellt sie gern in den Kommentaren. Lasst nen Daumen nach oben da, wenn euch das Video gefallen hat und wenn ihr uns supporten wollte, abonniert unseren Kanal, erzählt euren Freunden davon oder werdet vielleicht sogar Kanalmitglied. Auf Fighting findet ihr regelmäßig News, Videos, Interviews, Live-Events und vieles mehr. Das war’s von mir, bleibt gesund.